Note 6 für Flugverkehrsmaßnahmen im deutschen Klimapaket und auf globaler Ebene

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Note 6 für Flugverkehrsmaßnahmen im deutschen Klimapaket und auf globaler Ebene

  • Proteste in Montreal und Europa anlässlich Versammlung der internationalen Luftfahrtorganisation (24. September – 4. Oktober) 
  • Neues UN-Luftfahrtschema CORSIA wird keine Emissionen reduzieren und Palmöl im Flugzeugtank fördern
  • Stellungnahme der Initiative “Am Boden bleiben” zu deutschem Klimapaket

Berlin, 23. September – Die deutsche Klimagerechtigkeitsinitiative “Am Boden bleiben” gibt dem Klimapaket insgesamt die Note 6. Sie begrüßt zwar dass Bahnfahren billiger und Fliegen teurer gemacht werden soll. Die Mehrwertsteuer auf Fernverkehr zu reduzieren und die Flugabgabe zu erhöhen seien wichtige Schritte, jedoch lange nicht ausreichend. “Es braucht eine sofortige Streichung aller Subventionen für die Flugindustrie. Kerosin muss endlich besteuert werden, Kurzstreckenflüge gehören ins Museum und die verschiedenen Ausbauprojekte deutscher Flughäfen müssen auf Eis gelegt werden”, so die Aktivistin Klara Strauß. Die Initiative hatte zuletzt als “Penguins for Future” ein Video veröffentlicht, in dem sie sich zur jahrelangen Verzögerung der BER-Eröffnung bekannte.

Klara Strauß weiter zum Klimapaket: “Der CO2-Preis auf Discounter-Niveau wird Null Anreize setzen. Außerdem wird auf Flugverkehr keine CO2-Steuer anfallen. Flugverkehr hat eine circa dreimal höhere Klimawirkung als das CO2, das die Flugzeuge ausstoßen – dieses müsste zudem in einen CO2-Preis einberechnet werden.” Zertifikatehandel lehnt die Initiative strikt ab. Dies sowohl auf innerdeutscher, europäischer als auch internationaler Ebene. 

CORSIA – Ablenkungsmanöver statt effektivem Klimaschutz

Während die deutsche Klimapolitik auf ganzer Linie enttäuscht, droht von internationaler Ebene ein weiterer Vorstoß gegen entschlossenen Klimaschutz. Am kommenden Dienstag (24.9.) beginnt in Montreal die Generalversammlung der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO). Dort soll das sogenannte “CORSIA”- Paket verabschiedet werden. CORSIA steht für “Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation”. Das Abkommen hat jedoch eine Reihe gefährlicher Mängel und Lücken. Darüber hinaus droht es aufgrund seines globalen Geltungsbereichs, eine effektive Regulierung des Flugverkehrs in Europa auch in Zukunft zu unterbinden.

“CORSIA ist ein gefährliches Ablenkungsmanöver der Flugindustrie, das zu einem weiteren Anstieg der Emissionen führen wird”, warnt Strauß. Das Abkommen wirbt für ein vermeintlich “klimaneutrales Wachstum” der Luftfahrt, das durch Klimakompensation (Offsetting) und die Verwendung von “alternativen Treibstoffen” erreicht werden soll. Während des Gipfels soll ein Antrag gestellt werden, der das Instrument zum weltweit einzigen marktbasierten Mechanismus für Luftfahrtemissionen machen sollen. “CORSIA plant, das ewige Wachstum des Flugverkehrs festzuschreiben und Maßnahmen zur effektiven Reduzierung des Fliegens zu unterbinden. Alle Staaten sollten sich darüber im Klaren sein, dass dieses Abkommen ihren politischen Spielraum in diesem Bereich in Zukunft einschränken könnte – Bedenken müssen jetzt angemeldet werden”, so Strauß.

Kompensation und Agrartreibstoffe: Öl ins Feuer

“Klimakompensation wird uns nicht retten, im Gegenteil: Eine erhöhte Nachfrage nach Gutschriften wird unweigerlich zu Landgrabbing und damit einhergehenden Menschenrechtsverletzungen führen,” erklärt Strauß. Die Organisation Biofuelwatch veröffentlichte vor wenigen Tagen ein Briefing zur Gefahr der Agrartreibstoffe im Flugzeugtank. Rachel Smolker von Biofuelwatch erklärt: “CORSIA setzt auf die großflächige Verwendung von Agrartreibstoffen in der Luftfahrt. Das bedeutet mit großer Wahrscheinlichkeit Palmöl, was die Abholzung tropischer Regenwälder weiter anfeuern wird.” Der finnische Konzern Neste hat sich bereits in Stellung gebracht: Mit neuen Produktionsanlagen in Singapur sollen große Mengen an Treibstoff für die Flugindustrie bereitgestellt werden, der Großteil davon mutmaßlich auf Basis von Palmölprodukten aus der Region.

Zivilgesellschaftliche Proteste gegen das CORSIA-Abkommen

Das Netzwerk Stay Grounded, das mit mehr als 130 Mitgliedsorganisationen gegen den weiteren Ausbau des Flugverkehrs kämpft, hat deshalb zu Protesten aufgerufen. Während des Gipfels sind eine Reihe von Aktionen geplant, unter anderem eine Demonstration in Montreal (Sitz der ICAO) mit Greta Thunberg am 27. September. “Statt CORSIA und dem Mythos ‘klimaneutrales Wachstum’ fordern wir eine effektive Einschränkung des Flugverkehrs,” so “Am Boden bleiben” und “Stay Grounded”: “Es muss endlich Schluss sein mit den Privilegien der Flugindustrie. Wir brauchen eine Kerosinsteuer, Ticketsteuern und eine Vielfliegerabgabe. Kurzstreckenflüge müssen drastisch begrenzt und nachhaltige Alternativen ausgebaut werden.” 

Kontakt: 
Klara Strauß
presse@ambodenbleiben.de
www.ambodenbleiben.de @ambodenbleiben

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